HISTORISCHER ABRISS

Damals und heute: Die WiSo im Wandel der Zeit

Die Geschichte der WiSo ist reich an besonderen und erinnerungswürdigen Momenten − und ein wichtiger Teil der jüngeren Stadtgeschichte Nürnbergs. Hervorgegangen ist der jetzige Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) aus der Handelshochschule Nürnberg, die ihren Forschungs- und Lehrbetrieb im Wintersemester 1919/20 aufnahm. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Nürnberg, gemeinsam mit der Handelskammer Nürnberg sowie dem kaufmännischen Verein Merkur, hatten seinerzeit entschieden, eine Handelshochschule zu gründen. Gestartet nach dem ersten Weltkrieg aus den Wirtschaftsinstitutionen der alten freien Handelsstadt Nürnberg, umbenannt in Hindenburg-Hochschule unter den Nationalsozialisten, wieder umbenannt in WiSo nach dem zweiten Weltkrieg, 1961 als Fakultät an die Erlanger Universität angegliedert, 2007 mit der juristischen Fakultät kombiniert, verkürzt zu den „Wirtschaftswissenschaften“ und seit 2019 wieder „Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“. Sie ist genauso alt wie das Bauhaus, und wie das Bauhaus, das in Weimar den Gestalter konzipiert, erschafft sie in ihrem Bereich eine Vision vom zeitgemäßen „ehrbaren Kaufmann“.

  • Die Altdorfer Anfänge
    Die Ursprünge der Nürnberger Handelshochschule und damit der „Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nürnberg“ reichen bis zur Nürnbergischen Universität Altdorf zurück, die 1575 in Altdorf bei Nürnberg als Akademie eröffnet und 1622 zur Universität erhoben wurde. Nachdem aber 1743 die Universität Erlangen gegründet wurde, wurde die Universität Altdorf 1809 aufgelöst.

  • Aufnahme des Lehrbetriebs an der Nürnberger Handelshochschule
    Die Geschichte einer in Nürnberg ansässigen Hochschule reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück. Schon damals war man bemüht, die neuen Wissenschaftsgebiete Wirtschaft und Technik akademisch in Nürnberg zu institutionalisieren. Es sollte jedoch bis 27. Mai 1918 dauern, bis schließlich die „Freie Hochschule für Handel, Industrie und allgemeine Volksbildung“ in Form einer Stiftung gegründet wurde. Diese nahm zum Wintersemester 1919/1920 als „Handelshochschule“ im Gebäude Findelgasse 7 nach der Zustimmung durch den Nürnberger Stadtrat und die ministerielle Genehmigung den Lehrbetrieb mit anfänglich 180 Studierenden auf.

    Bildquelle: StadtAN A 38 Nr. C-143-14

  • Prominente Repräsentanten der Handelshochschule
    Mittlerweile konnte sich die Handelshochschule an steigenden Studierendenzahlen erfreuen. Als Student mit der Matrikelnummer 9, schloss Ludwig Erhard (Zweiter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland) 1923 sein Studium an der Handelshochschule ab. Gleichzeitig wurde Wilhelm Rieger als Dozent von Ludwig Erhard bekannt und prägte den Lehr- und Forschungsbetrieb der Handelshochschule im Bereich Betriebswirtschaftslehre. Dies gelang aufgrund der gemeinsamen Arbeit mit Wilhelm Vershofen. Dieser gründete die spätere Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Zusammen trugen sie mit ihren Forschungsergebnissen dazu bei, dass die Betriebswirtschaftslehre fortan auch unter dem Namen „Nürnberger Schule“ bekannt war.

  • Gleichstellung der Hochschule
    Das Jahr 1925 brachte für die Handelshochschule zweierlei Veränderungen mit sich. Zum einen erhielt sie die Genehmigung der Rektorats- und Senatsverfassung und war somit gleichgestellt zu anderen deutschen Universitäten. Dem folgten 1927 das Habilitationsrecht für Betriebswirtschaftslehre, 1930 das Promotionsrecht und 1931 das Habilitationsrecht für die Handelshochschule. Zum anderen wurde 1925 die Bezeichnung „Handelshochschule“ mit dem Untertitel „Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ ergänzt. Ab 1933 wurde die Institution während der NS-Zeit zunächst in „Hindenburg-Hochschule (Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) Nürnberg“, 1939 dann in „Hindenburg-Hochschule Stadt der Reichsparteitage Nürnberg. Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ umbenannt.

  • Hindenburg-Hochschule
    Während des Dritten Reiches wurde das Vorlesungsangebot um das Fach „Volk und Rasse“ erweitert. Am 10. Mai 1933 wurde eine Namensänderung in „Hindenburg-Hochschule (Hochschule für Wirtschafts-und Sozialwissenschaften)“ angeordnet, 1939 dann nochmals umbenannt in „Hindenburg-Hochschule Stadt der Reichsparteitage Nürnberg. Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben der Hochschule auf Grund der Entnazifizierung des Lehrkörpers von über 30 Dozenten nur drei aus der Zeit vor Kriegsende erhalten.

  • Neuanfang nach den Kriegsjahren
    Das schwer zerstörte Gebäude machte den Lehrbetrieb nach dem zweiten Weltkrieg nicht leicht. Der Hochschulbetrieb fand deshalb zunächst mit nur einzelnen öffentlichen Vorträgen in Ausweichquartieren statt. Männer der Stunde waren Eduard Brenner, erster neuer Rektor der Nürnberger Institution und Rektor der Erlanger Universität, und Georg Bergler, der zusammen mit Wilhelm Vershofen die Gesellschaft für Konsumforschung neu errichtete. 1946 erhielt die Handelshochschule ihren früheren Namen „Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ zurück. Zum Wintersemester 1946/47 nahm die Hochschule den Vorlesungsbetrieb als Gast in der Frauenklinik und im Schulhaus Adam-Kraft-Straße auf. Die Rückkehr in das Gebäude Findelgasse 7 erfolgte nach dem Wiederaufbau 1952. 1955 wurde das Gebäude durch den Neubau Findelgasse 9 erweitert.

    Bildquelle: StadtAN A 40 Nr. L-7-1

  • Fusion mit der FAU
    Zur Optimierung der Forschungs- und Lehrtätigkeit wurde die Hochschule am 01. Januar 1961 unter Beibehaltung des Nürnberger Standortes als Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität angegliedert. Damit stellte die „WiSo“ die 6. Fakultät der FAU dar. Zudem trägt die Universität seitdem die Ortsbezeichnung „Erlangen-Nürnberg“. Zu Beginn der sechziger Jahre erlebte die Universität einen rasanten Anstieg an Studierenden, dessen „Überlast“ bis zum Ende des Jahrzehnts andauerte.

    Bildquelle: StadtAN A 39/III Nr. Fi-F-1612

  • WiSo wird größte Fakultät der FAU
    Gemäß der stetig steigenden Studierendenzahlen, war die WiSo 1970 die größte Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität. Mit der wachsenden Beliebtheit des Nürnberger Standorts der FAU und dem damit verbundenen Raumproblem, wurde 1972 mit den Bauarbeiten für das Universitätsgebäude auf dem Grundstück der ehemaligen Tucherbrauerei in der Langen Gasse, Nürnberg, begonnen. Dieser erste Bauabschnitt wurde 1977 fertig gestellt.

  • Weltweit vernetzt, lokal verbunden
    Internationalität und Interdisziplinarität werden an der WiSo groß geschrieben. Seit 1975 nahm die Ausrichtung der Fakultät in den beiden Disziplinen zu. Daneben steht die Forschung an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an oberster Stelle. Seit den 80er Jahren ist diese federführend im Bereich der Wirtschaftsinformatik. 1991 wurde schließlich der interdisziplinäre Diplom-Studiengang „Wirtschaftsinformatik“ eingeführt. Der Fokus auf Internationalität wurde 1993 durch die Einführung des ERASMUS-Programms, das den Austausch zwischen Studierenden der WiSo und europäischen Universitäten fördert, betont. Zudem erfolgte im Rahmen der Internationalität 1997/1998 die Ergänzung des Studienangebots durch den deutschlandweit ersten Studiengang in Internationaler BWL.

    Bildquelle: StadtAN A 40 Nr. L- 2768-33

  • Die „WiSo“ wächst
    Im Jahr 2001 begonnen Umbaumaßnahmen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zur Erweiterung der Räumlichkeiten in der Langen Gasse. 2004 wurde der Neubau mit zwei neuen Hörsälen, PC-Räumen und mehreren Lehrstuhlräumlichkeiten fertig gestellt. Außerdem konnte die WiSo durch den GfK-Verein den Hörsaal H3 renovieren. Doch nicht nur räumlich entwickelte sich 2004 die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät weiter. Zur Ergänzung des Studienangebots wurde in diesem Jahr der MBA-Weiterbildungsstudiengang Business Management eingeführt.

  • Umbruch im Studiensystem
    Lange im Gespräch und 2006 endlich durchgesetzt: Der Bologna-Prozess sorgte für einen Umbruch im Studiensystem. Die bis dahin bestehenden Diplomstudiengänge laufen aus und wurden durch die Bachelor- und Masterregelung ersetzt. Im Wintersemester 2006/2007 starteten an der WiSo die neuen Bachelorstudiengänge „International Business Studies“, „Wirtschaftswissenschaften“ und „Sozialökonomik“. Mit deren Einführung wurde das Qualitätsmanagement an der WiSo zur Verbesserung der Lehre ausgebaut.

  • Ein neuer Name für eine bestehende Institution
    Ursprünglich als Nürnberger Handelshochschule gestartet, trug die Institution in der Findelgasse/Langen Gasse während ihres Bestehens schon einige Namen. 2007 wurde die WiSo erneut umgetauft: Am 01. Oktober 2007 wurde aus der WiSo der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften in der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

  • Startschuss für die Masterstudiengänge
    Nach der Einführung der Bachelorstudiengänge, starteten drei Jahre später im Wintersemester 2009/2010 die Masterstudiengänge am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Die Studierenden können seitdem aufbauend auf einem vorher abgeschlossenen Bachelorstudium zwischen den neun Masterstudiengängen „Arbeitsmarkt und Personal“, „Economics“, „Finance, Auditing, Controlling, Taxation (FACT)“, „International Information Systems (IIS), „International Business Studies (MIBS)“, „Management“, „Marketing“, „Sozialökonomik“ und „Wirtschaftspädagogik“ wählen.

  • Ausgezeichnet: Der Fachbereich WiSo wird teilsystemakkreditiert
    Am 26. Juni 2013 erhielt der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften eine ganz besondere Auszeichnung: die Teilsystemakkreditierung. Dabei liegt der Fokus der externen Gutachter auf dem Qualitätsmanagementsystem der Lehre. Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften konnte durch seine Qualifikationsziele in den Studiengängen das Gremium überzeugen. Besonders die Mitarbeit der Studierenden war hierfür wichtig: Ihre studentische Ansichtsweise ist für die Arbeit in den Qualitätszirkeln der einzelnen Studiengänge und für die jährlichen Bachelor- und Masterumfragen essentiell. Für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften stellte die Teilsystemakkreditierung einen Meilenstein in der Wettbewerbsfähigkeit zu anderen Hochschulen dar.

  • Chancen nutzen: Studieren am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
    Zum Wintersemester 2015/2016 wurde das Angebot der Masterstudiengänge um den Master „Gesundheitsmanagement und Gesundheitsökonomie“ erweitert.

  • 100 Jahre Handelshochschule Nürnberg
    2019 feiert der Fachbereich seinen Geburtstag: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studierende, Alumni, Partner, Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt und Metropolregion sind daher eingeladen, dieses Jubiläum gemeinsam mit der WiSo zu gestalten und zu feiern. Der Fachbereich blickt zurück auf 100 Jahre – ein Zeitraum mit vielen bewegenden Ereignissen. Gesellschaftspolitisch geprägt durch Aufbrüche, Umbrüche und große Veränderungen. Und doch auch Verstetigung: Spielregeln, Akteure, Prozesse. Studierende lernen von Forscherinnen und Forschern und entwickeln zugleich gemeinsam neue Sichtweisen, Methoden und Produkte. Der Fachbereich freut sich auf viele spannende Höhepunkte im Jubiläumsjahr 2019!

    Im Rahmen des Jubiläumsjahres wurde der Fachbereich zu Beginn des Jahres 2019 in Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften umbenannt.

  • 100 Jahre Handelshochschule Nürnberg
    Der als Nürnberger Handelshochschule mit einer überschaubaren Studierendenanzahl gestartete Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften umfasst derzeit mehr als 6.000 Studierende in mehr als 20 Studiengängen und vier Weiterbildungsstudiengängen, die von 44 Professorinnen und Professoren sowie den wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern organisiert/betreut werden. Zudem bieten der Career Service, das Rechenzentrum, das Sprachenzentrum, das International Office und zahlreiche Initiativen eine Vielfalt an Serviceeinrichtungen, die zur Attraktivität des Studiums am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften in der Metropolregion Nürnberg beitragen.